Die Angst vor einem Atomkrieg führt Anfang der 80er Jahre in vielen westlichen Staaten zur Entstehung einer Friedensbewegung. Ihre Anhänger sind der Meinung, dass der Rüstungswettlauf der Supermächte jedes vernünftige Maß überschritten habe. Sie fordern von den Regierungen Friedenssicherung durch Rüstungskontrolle und Abrüstung. Weil die beiden deutschen Staaten von einem atomaren Konflikt zwischen den Supermächten zuerst betroffen wären, stoßen die Forderungen der Friedensbewegung hier auf besonders große Resonanz. So entsteht auch in der DDR, als einzigem Land des Ostblocks, eine vom Staat und seinen Parteien unabhängige Friedensbewegung.

In der Bundesrepublik knüpft die Friedensbewegung an die Kampagnen gegen die Wiederaufrüstung in den 1950er Jahren und die Ostermarsch-Bewegung in den 1960er Jahren an. Sie wird im Wesentlichen von den Grünen, kirchlichen und gewerkschaftlichen Gruppen sowie Teilen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) getragen. Vertreter dieser Gruppen veröffentlichen im November 1980 den "Krefelder Appell", in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, ihre Zustimmung zur Stationierung neuer amerikanischer Mittelstreckenraketen zurückzuziehen. Besondere Wirkung in der Öffentlichkeit erreicht die Friedensbewegung mit den bundesweit organisierten Demonstrationen im Bonner Hofgarten Anfang der 1980er Jahre, an denen insgesamt mehrere 100.000 Menschen teilnehmen.

Im Oktober 1983, vor der Entscheidung des Bundestages über die Durchführung des NATO-Doppelbeschlusses, veranstalten die Gruppen der Friedensbewegung eine Aktionswoche mit Friedenscamps, Sitzblockaden und Menschenketten. Dennoch stimmt die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten für den Nachrüstungsbeschluss. Vergeblich blockieren Mitglieder der Friedensbewegung - darunter viele Prominente - monatelang das US-amerikanische Raketenlager Mutlangen in Württemberg, um die Stationierung der Atomraketen zu verhindern.

(ag) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 22.09.2014
Text: CC BY NC SA 4.0

Empfohlene Zitierweise:
Grau, Andreas: Friedensbewegung, in: Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/kapitel/geteiltes-deutschland-krisenmanagement/bundesrepublik-im-umbruch/friedensbewegung.html
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