Ludwig Erhard 1897 - 1977

Ludwig Erhard ist von 1963 bis 1966 der zweite Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Der promovierte Ökonom gelangt nach dem Krieg rasch in hohe politische Ämter und ist besonders erfolgreich als Bundesminister für Wirtschaft (1949-1963) in den Kabinetten von Bundeskanzler Adenauer. Mit seiner Unterstützung der sozialen Marktwirtschaft und dem Ziel „Wohlstand für alle“ gilt Erhard vielen als Schöpfer des deutschen Wirtschaftswunders.

  • 1897

    4. Februar: Ludwig Erhard wird in Fürth als Sohn des Textilwarenhändlers Wilhelm Philipp Erhard und seiner Frau Augusta, (Geburtsname: Hassold) geboren.

  • 1913-1916

    Nach dem Besuch der Realschule absolviert Erhard eine kaufmännische Lehre in einem Nürnberger Textilgeschäft.

  • 1916-1918

    Erhard meldet sich aus Patriotismus freiwillig zum Militärdienst im Ersten Weltkrieg. 1918 wird er bei Ypern an der Westfront schwer verwundet.

  • 1919-1922

    Studium an der Handelshochschule Nürnberg, die er als Diplom-Kaufmann abschließt.

  • 1922-1925

    Studium der Betriebswirtschaft, Nationalökonomie und Soziologie an der Universität Frankfurt/Main.

    Promotion zum Dr. rer. pol. bei Franz Oppenheimer über das währungspolitische Thema "Wesen und Inhalt der Werteinheit".

  • 1923

    Heirat mit Luise Schuster. Aus der Ehe geht eine Tochter hervor.

  • 1925-1929

    Erhard arbeitet als Geschäftsführer im elterlichen Betrieb bis er 1929 das Konkursverfahren beantragt.

  • 1928-1942

    Wissenschaftlicher Assistent und später Stellvertretender Leiter des "Instituts für Wirtschaftsbeobachtung der deutschen Fertigware" in Nürnberg. Das Institut betreibt in erster Linie Konsumforschung und erhält regelmäßig Forschungsaufträge des NS-Regimes.

  • 1940-1945

    Für das NS-Regime arbeitet Erhard als Wirtschaftsberater in den von den Nationalsozialisten besetzten Gebieten unter anderem in Elsass-Lothringen und Polen.

  • 1942

    Erhard verlässt das "Institut für Wirtschaftsbeobachtung" und gründet mit dem "Institut für Industrieforschung" ein eigenes Konsumforschungsinstitut, das von der Reichsgruppe Industrie, die dem Reichswirtschaftsministerium untersteht, finanziert wird.

  • 1944

    März: Fertigstellung der Denkschrift "Kriegsfinanzierung und Schuldenkonsolidierung", in der Erhard von der Voraussetzung eines für Deutschland verlorenen Krieges ausgeht. Diese Denkschrift wird von der Reichsgruppe Industrie in Auftrag gegeben und im Reichswirtschaftsministerium diskutiert.

    Juli: Carl Friedrich Goerdeler, der im Zentrum des zivilen Widerstandes gegen das NS-Regime steht, verfasst auf der Flucht ein Memorandum, in dem er seinen Freunden Erhard als Berater empfiehlt.

  • 1945/46

    Mitglied des bayerischen Kabinetts unter Wilhelm Hoegner als Wirtschaftsminister.

  • 1947

    Als Leiter der Expertenkommission "Sonderstelle Geld und Kredit" bei der Verwaltung der Finanzen der britisch-amerikanischen Bizone ist Erhard mit der Vorbereitung der Währungsreform betraut.

    Erhard wird Honorarprofessor für Rechts- und Staatswissenschaften an der Universität München.

  • 1948

    02. März: Der Wirtschaftsrat der Bizone wählt Erhard zum Direktor der Verwaltung für Wirtschaft. Er ist damit verantwortlich für die Wirtschaftspolitik in den westlichen Besatzungszonen.

    April: Bei einer Programmrede vor dem Wirtschaftsrat akzentuiert Erhard stark die Konsumgüterindustrie.

    Juni: Parallel zur Währungsreform leitet Erhard in den westlichen Besatzungszonen die Aufhebung der Bewirtschaftung und die Freigabe der Preise ein.

    16. August: In Folge von Erhards Reformen kommt es in der Bevölkerung zu Protesten. Die SPD initiiert daraufhin ein Misstrauensvotum gegen Erhard, das jedoch mit 47 zu 36 Stimmen abgelehnt wird.

    12. November: Erhards Reformen führen zunächst zu Preissteigerungen, während die Löhne wegen herrschenden Lohnstopps nicht steigen. Die Arbeitslosenquote liegt bei 10,4 %. Es kommt zu einem Generalstreik. Erst durch die Aufhebung des Lohnstopps flauen die Proteste ab.

  • 1949

    Juni: Erhard erklärt sich bereit, als Kandidat der Christlich Demokratischen Union (CDU) in Württemberg-Baden für die ersten Bundestagswahlen anzutreten, ohne Mitglied der CDU zu sein.

    Juli: In den "Düsseldorfer Leitsätzen" macht sich die CDU der britischen Besatzungszone Erhards wirtschaftspolitisches Konzept der Sozialen Marktwirtschaft zu eigen.

    September: Nach den Wahlen zum 1. Deutschen Bundestag wird Erhard Wirtschaftsminister im 1. Kabinett Adenauer

  • 1950

    Erhard wird Honorarprofessor für Rechts- und Staatswissenschaften an der Universität Bonn.

  • 1951

    6. März: Der amerikanische Hohe Kommissar John McCloy verlangt von der Bundesregierung zur Bewältigung der Folgen des Korea-Krieges eine "bedeutsame Modifizierung der Marktwirtschaft". Nach Rücksprache mit Erhard lehnt Bundeskanzler Adenauer in seiner Antwort vom 27. März den Übergang zu einer rüstungsbezogenen staatlichen Wirtschaftslenkung ab.

  • 1952

    25. Juli: Mit Inkrafttreten der Montanunion wird Erhard Mitglied des Ministerrates der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS).

    14. August: Die Abkommen über den Beitritt der Bundesrepublik zur Weltbank sowie zum Internationalen Währungsfond werden unterzeichnet und treten damit für Deutschland in Kraft. Erhard wird deutscher Gouverneur der Weltbank.

    Oktober: Erhard beruft den Wirtschaftsexperten Alfred Müller-Armack ins Bundeswirtschaftsministerium.

  • 1953

    Veröffentlichung seines Buchs "Deutschlands Rückkehr zum Weltmarkt".

    Nach den Wahlen zum 2. Deutschen Bundestag wird Erhard erneut Bundeswirtschaftsminister im Kabinett Adenauer.

  • 1955

    19. Oktober: Regierungserklärung Erhards zum Konjunkturprogramm der Bundesregierung, das konjunkturelle Dämpfungsmaßnahmen zur Preisstabilisierung vorsieht.

  • 1956

    23. Mai: Adenauer kritisiert in einer Rede vor dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) im Kölner Gürzenich die Konjunkturpolitik der Bank Deutscher Länder, Wirtschaftsminister Erhards und Finanzminister Fritz Schäffers.

  • 1957

    22. Januar: Der Bundestag verabschiedet die Rentenreform, die rückwirkend zum 1. Januar in Kraft tritt. Erhard gehört zu den Kritikern der dynamischen Rente, die er als Gefahr für eine mögliche Inflation sieht. Durch den Streit um die Rentenreform kommt es zu weiteren Spannungen zwischen dem Bundeskanzler Adenauer und Wirtschaftsminister Erhard.

    Februar: Erhards programmatische Schrift "Wohlstand für alle" erscheint.

    29. Oktober: Nach den Wahlen zum 3. Deutschen Bundestag wird Erhard im 3. Kabinett Adenauer Vizekanzler und Wirtschaftsminister.

  • 1959

    24. Februar: Adenauer schlägt gegen den Willen Erhards dessen Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten vor.

    3. März: Erhard lehnt eine Kandidatur für die Bundespräsidentenwahl endgültig ab.

  • 1960

    27. September: Erhard fordert vor der Weltbank eine Entwicklungshilfe-Politik im Sinne der "Hilfe zur Selbsthilfe".

  • 1961

    10. Oktober: Bei den Beratungen des EWG-Ministerrats über einen britischen EWG-Beitritt in Paris betont Erhard als amtierender Präsident den Zwang zum Erfolg und den Zusammenhang von europäischer Integration und atlantischer Gemeinschaft.

    14. November: Nach den Wahlen zum 4. Deutschen Bundestag wird Erhard erneut Vizekanzler und Wirtschaftsminister.

  • 1962

    Erhards Buch "Deutsche Wirtschaftspolitik" erscheint.

  • 1963

    29. Januar: Den Abbruch der EWG-Beitrittsverhanbdlungen mit Großbritannien kommentiert Erhard im deutschen Fernsehen mit den Worten "Eine schwarze Stunde Europas".

    23. April: Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion nominiert mit 159 zu 47 Stimmen Erhard zum Kanzlerkandidaten.

    16. Oktober: Nach dem Rücktritt Adenauers wählt der Deutsche Bundestag Erhard mit 279 zu 180 Stimmen zum Bundeskanzler.

    18. Oktober: In seiner Regierungserklärung vor dem Bundestag kündigt Erhard eine "Politik der Mitte und der Verständigung" und einen "neuen politischen Stil" an.

    21.-23. November: Erster Arbeitsbesuch Erhards als Bundeskanzler bei dem französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle.

    28./29. Dezember: Erhard besucht den amerikanischen Präsidenten Lyndon B. Johnson (1908-1973) in Texas.

  • 1964

    4. November: Das Bundeskabinett lehnt eine Verlängerung der Verjährungsfristen für NS-Verbrechen gegen die Stimme Erhards ab.

  • 1965

    7. März: Bundeskanzler Erhard kündigt die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Israel und die Einstellung der Wirtschaftshilfe für Ägypten an.

    13. Mai: Nach der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Israel am 12. Mai brechen die arabischen Staaten mit Ausnahme Tunesiens, Marokkos und Libyens die diplomatischen Beziehungen zur Bundesrepublik ab.

    20. Oktober: Nach den Bundestagswahlen vom 19. September wählt der Deutsche Bundestag Ludwig Erhard erneut zum Bundeskanzler.

    10. November: In seiner Regierungserklärung vor dem Bundestag präsentiert Erhard ein "Programm der Sparsamkeit und Nüchternheit" um den Konjunkturschwankungen entgegenzuwirken.

  • 1966

    23. März: Die CDU wählt Erhard zu ihrem Bundesvorsitzenden.

    24.-28. September: Erhard verhandelt in Washington erfolglos mit Präsident Johnson über einen Zahlungsaufschub beim Devisenausgleich (Stationierungskosten).

    27. Oktober: Der Minister für Wirtschaftliche Zusammenarbeit Walter Scheel tritt aus Protest gegen die am Vortag getroffenen Haushaltsentscheidungen von seinem Amt zurück, die übrigen FDP-Minister schließen sich auf Druck der FDP-Bundestagsfraktion an.

    Noch während Erhards Kanzlerschaft kommt es zu der ersten Wirtschaftskrise der Bundesrepublik. Bereits ab 1960 tritt eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums ein. Im Zuge der Sparmaßnahmen wird die Kritik an Erhard unter den Bundesbürgern immer lauter.

    10. November: Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion nominiert Kurt Georg Kiesinger zum Kanzlerkandidaten.

    1. Dezember: Rücktritt Ludwig Erhards als Bundeskanzler. Sein Nachfolger wird Kiesinger mit einer Regierung der Großen Koalition.

  • 1967

    Mai: Wahl Kiesingers zum CDU-Vorsitzenden; Erhard wird Ehrenvorsitzender.

  • 1969

    9. Mai: Bundeskanzler Kiesinger entscheidet sich gegen eine D-Mark Aufwertung, die der Wirtschaftsminister Karl Schiller (SPD) und Erhard befürworten.

    28. September: Bei den Wahlen zum 6. Deutschen Bundestag wird Erhard erneut in den Bundestag gewählt.

  • 1972

    19. November: Bei den Wahlen zum 7. Deutschen Bundestag erringt Erhard erneut ein Mandat für die CDU-Fraktion. Im vorhergehenden Wahlkampf erregte seine gemeinsam mit dem kurz zuvor aus der SPD ausgetretenen Karl Schiller veröffentlichte Presseanzeigenserie zur Politik der freien Marktwirtschaft Aufsehen.

    13. Dezember: Erhard eröffnet als Alterspräsident den 7. Deutschen Bundestag.

  • 1976

    3. Oktober: Bei den Wahlen zum 8. Deutschen Bundestag wird Erhard als Spitzenkandidat der baden-württembergischen CDU wiedergewählt.

    14. Dezember: Erhard eröffnet erneut als Alterspräsident den Deutschen Bundestag.

  • 1977

    4. Februar: Zu seinem 80. Geburtstag erhält Erhard zahlreiche Ehrungen als "Vater des Wirtschaftswunders".

    5. Mai: Ludwig Erhard stirbt in Bonn an Herzversagen.

    11. Mai: Staatsakt aus Anlass des Todes Ludwig Erhards im Plenarsaal des Deutschen Bundestages.

    12. Mai: Nach dem Trauergottesdienst in Tegernsee wird Erhard auf dem Bergfriedhof in Gmund beigesetzt.

 

(db/iz) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 11.10.2023
Text: CC BY NC SA 4.0

Empfohlene Zitierweise:
Blume, Dorlis/Zündorf, Irmgard: Biografie Ludwig Erhard, in: LeMO-Biografien, Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/biografie/ludwig-erhard.html
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