"Mein Verein"
Neue Ausstellung im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig

"Treffen sich drei Deutsche, gründen sie einen Verein": Dieser geläufige Witz bezieht sich auf eine Institution, die in ihrer Geschichte immer mit Spott zu kämpfen hatte. Dennoch erfreut sie sich nach wie vor großer Beliebtheit: Über 600.000 Vereine gibt es in Deutschland, rund 44 Prozent der Deutschen sind Mitglied in mindestens einem Verein. In jüngster Zeit zeichnet sich ein Strukturwandel ab: Traditionelle, "geselligkeitsorientierte" Vereine rücken in den Hintergrund, während bei den Neugründungen das bürgerliche Engagement z.B. für Bildung eine zentrale Rolle spielt. 
Das Zeitgeschichtliche Forum Leipzig der Stiftung Haus der Geschichte widmet sich in der neuen Ausstellung mit rund 300 Exponaten und mehr als 20 Medienstationen diesen Phänomenen. Zu sehen sind u.a. Objekte des Karnevals in West- und Ostdeutschland, so der Schellenbaum eines Kölner Karnevalvereins sowie Narrenkappe und Umhang eines Elferratsmitglieds der 1950er Jahre aus dem thüringischen Wasungen. Das Modell eines DDR-Kleingartens verweist auf das Vereinsleben in der Diktatur, der von der Leipziger Mannschaft signierte Ball des ersten Bundesliga-Spiels zwischen RB Leipzig und dem FC Schalke 04 steht für moderne Formen der Fangemeinschaften.
Die Ausstellung zeigt den Verein als Ort von Geselligkeit und Gemeinschaft, Tradition und Heimatverbundenheit, der Menschen aus unterschiedlichen sozialen Milieus zusammenführt. Sie ist vom 1. März bis 25. August 2019 im Zeitgeschichtlichen Forum zu sehen. Der Eintritt ist frei.

Geselligkeit und Gemeinschaft
Schützenvereine gibt es in ihrer heutigen Form seit Anfang des 19. Jahrhunderts. Sie begreifen sich als Traditionswahrer und Pfleger heimatlichen Brauchtums. An vielen Orten prägen sie das gesellschaftliche Leben wesentlich mit. Heute müssen sie sich einer Debatte um das zeitgemäße Verständnis ihrer Traditionen stellen. Die identitätsstiftende Rolle von Vereinen belegen eindrucksvoll die Kölner Karnevalsgesellschaften. Mit ihren Ritualen setzen sie das Lebensgefühl der Domstadt an den "tollen Tagen" wirksam in Szene. Eine emotionsgeladene Beziehung zu ihrem Verein pflegen Fans des FC Schalke 04. Für sie und andere Fans ist der Fußballclub ein zentraler Teil ihres Lebens.

Fremdkörper
In der DDR sind SED-gelenkte Massenorganisationen Träger des sozialen Lebens. Wenige "Vereinigungen" können dennoch ein begrenztes Eigenleben führen, so vor allem Kleingärtner, die das SED-Regime ab den 1970er Jahren zur Linderung von Versorgungsmängeln sogar gezielt fördert. Meist zerstört die deutsche Teilung alle Bande zwischen Vereinsmitgliedern aus Ost und West. Nicht so bei der Neuen Bachgesellschaft, die bis 1989 die Funktion einer deutsch-deutschen Klammer erfüllt und auf ihren Veranstaltungen die Begegnung von Menschen aus beiden Teilen Deutschlands ermöglicht.

Mitwirkung und Mitverantwortung
Heute erleben projektbezogene Fördervereine einen Gründungsboom. Zu ihnen gehört die Gesellschaft zur Förderung des Wiederaufbaus der Dresdner Frauenkirche. "Tafeln", die Lebensmittel an Bedürftige verteilen, übernehmen Aufgaben der Daseinsvorsorge. An ihnen entzündet sich eine Kontroverse über die Rolle, die private Vereine im Spannungsfeld zu öffentlichen Aufgaben sinnvoll erfüllen können.

Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass die Mitgliederzahlen der Vereine wachsen. Allerdings gehen die Zahlen von traditionellen Vereinen, vor allem in ländlichen Regionen, laut einer Studie des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft langsam zurück. Vor allem in den Städten werden zunehmend Vereine gegründet, die sich z.B. im Rahmen von Fördervereinen dem Thema Bildung widmen. Das politisch-gesellschaftliche Engagement der Vereine, die einen großen Beitrag zum sozialen Zusammenhalt leisten, bleibt ein unverzichtbarer Teil unserer Gesellschaft.

Pressevorbesichtigung: 28.2.2019, 10.00 Uhr
Pressegespräch: 28.2.2019, 11.00 Uhr
Eröffnung: 28.2.2019, 19.00 Uhr, mit dem Historiker Prof. Dr. Dietmar Klenke

Ausstellung "Mein Verein"
(1. März - 25. August 2019)
Öffnungszeiten: Di-Fr, 9-18 Uhr, Sa/So 10-18 Uhr, Eintritt frei

Medienanfragen richten Sie bitte an
Pressereferent
Leipzig
Dr. Daniel Kosthorst

Eine Veröffentlichung der Fotos ist nur im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Ausstellung und unter Angabe des Copyright-Hinweises zulässig. Für höher aufgelöste Vorlagen wenden Sie sich bitte an den oben genannten Ansprechpartner.

Plakat "Mein Verein"
© Schwind‘ Agentur für Medienkommunikation
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Den Schellenbaum mit dem Vereinswappen nutzt der Karnevalsverein „Kölsche Funke rut-wieß vun 1823 e.V“ (Rote Funken) bei festlichen Anlässen. Spielmannszüge und Militärmusik erinnern an die Kölner Stadtsoldaten  des 17. und 18. Jahrhunderts.

© Archiv Kölsche Funke rut-wieß vun 1823 e.V.; Foto: Stiftung Haus der Geschichte/ Axel Thünker
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Narrenkappe und Umhang eines Elferratsmitglieds der 1950er Jahre aus der thüringischen Karnevalshochburg Wasungen
Foto: Punctum/Bertram Kober
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Plakat Vom Brachland zum Kleingarten

Vom Brachland zum Kleingarten: „Brachland-Aktionen“ lindern den Hunger in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) in den Nachkriegsjahren. Der Kleingarten ist ein Weg zur Selbsthilfe, nach dem Willen der SED soll er verschwinden, aber der Kleingarten überlebt sogar die DDR.

© Naumann, H., 1947; Foto: Stiftung Haus der Geschichte/ Axel Thünker
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Anstoßball des Fußballspiels RB Leipzig gegen Schalke 04 vom 3. Dezember 2016 mit den Unterschriften der Leipziger Mannschaft
Foto: Zeitgeschichtliches Forum Leipzig
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Strampler von Schalke 04

Schon für Babys gibt es das passende Fan-Outfit
 
© FC Schalke 04 e.V.; Foto: Stiftung Haus der Geschichte/ Axel Thünker
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Fahne Schützenbruderschaften

Glaube Sitte Heimat: Das Bundesbanner des Bundes der historischen deutschen Schützenbruderschaften (BHDS), wird von Bundeskanzler Konrad Adenauer aus Anlass 25-Jahr-Feier des Dachverbandes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften 1953 in Köln gestiftet. Zu sehen sind die Wappen von Köln, Münster, Aachen, Trier und Paderborn. Diese fünf Diözesanverbände der Schützenbruderschaften schlossen sich am 1. Januar 1951 zum Zentralverband der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften zusammen.
 
© Bundesbanner des Bundes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften (BHDS),  Leverkusen 1953; Foto: Stiftung Haus der Geschichte/ Axel Thünker
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