Gudrun Ensslin 1940 - 1977

Gudrun Ensslin ist eine deutsche Terroristin und eines der führenden Mitglieder der linksradikalen Roten Armee Fraktion (RAF). Sie ist an Sprengstoffanschlägen, Banküberfällen und Morden der RAF beteiligt. Ensslin wird 1972 verhaftet und sitzt im Hochsicherheitsgefängnis in Stuttgart-Stammheim ein. Nach dem misslungenen Versuch, eine Freilassung der inhaftierten RAF-Mitglieder zu erpressen, begeht Ensslin am 18. Oktober 1977 in ihrer Gefängniszelle Selbstmord.

  • 1940

    15. August: Gudrun Ensslin wird in Bartholomä/Baden-Württemberg geboren.

  • 1960-1964

    Studium der Germanistik, Anglistik und Pädagogik in Tübingen.

  • 1963

    Ensslin gründet einen Kleinverlag "Studio für neue Literatur", in dem nur ein Buch erscheint.

  • seit 1964

    Studium an der Freien Universität Berlin.

  • 1967

    Juni: Nach dem Schuss auf den Studenten Benno Ohnesorg während einer Demonstration gegen den Besuch des Schahs von Persien in Berlin wendet sich Ensslin an das Büro des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) in Berlin und fordert eine gewaltsame Anwort auf die Gewalt des Staates.

    Bekanntschaft mit Andreas Baader.

  • 1968

    2. April: Zusammen mit Baader beteiligt sie sich an Brandanschlägen auf zwei Frankfurter Kaufhäuser. Ensslin und Baader werden darauf hin festgenommen. Nach eigenen Angaben wollten sie mit den Anschlägen gegen die Gleichgültigkeit protestieren, mit der die Menschen in der Bundesrepublik den Krieg in Vietnam hinnehmen.

    Baader und Ensslin werden zu drei Jahren Haft verurteilt.

  • 1969

    Vorübergehende Entlassung aus der Haft. Ensslin flüchtet daraufhin zusammen mit Baader nach Frankreich.

  • 1970

    14. Mai: Zusammen mit Ulrike Meinhof organisiert Ensslin die Befreiung des inzwischen wieder verhafteten Baader aus dem Gefängnis. Der Ausbruch gilt als Geburtsstunde der sogenannten Baader-Meinhof Gruppe, zu der neben Meinhof, Baader und Ensslin noch Holger Meins (1941-1974) gezählt wird.

    Juni: Ensslin flüchtet zusammen mit Meinhof, Baader und Horst Mahler sowie weiteren Sympathisanten der Gruppe nach Jordanien zu den palästinensischen Guerillas. Sie wollen sich dort für den "bewaffneten Kampf" ausbilden lassen.

  • 1970-1972

    Nach der Rückkehr in die Bundesrepublik lebt Ensslin im Untergrund, von wo aus sie sich unter anderem an Banküberfällen beteiligt. Mit dem erbeuteten Geld werden Wohnungen, Autos, Waffen und gefälschte Papiere besorgt.

  • 1972

    11.-24. Mai: In Frankfurt, Augsburg, Karlsruhe, beim Springer-Verlag in Hamburg und im US-Hauptquatier in Heidelberg werden Bombenanschläge verübt. Das Kommando der Roten Armee Fraktion (RAF), wie sich Mitglieder der Baader-Meinhof-Gruppe schon früher genannt haben, übernimmt die Verantwortung für die Attentate, die sie als "antiimperialistischen Kampf" bezeichnen.

    7. Juni: Ensslin wird in Hamburg verhaftet.

  • 1974

    2. Oktober: Der Generalbundesanwalt erhebt Anklage gegen die fünf Kernmitglieder der RAF. Neben Meinhof und Baader zählen dazu Ensslin, Meins und Jan Carl Raspe (1944-1977).

  • 1975

    Zusammen mit Meinhof, Baader und Raspe beantwortet Ensslin Fragen der Zeitschrift "Spiegel" zu Theorie und Taktik der Gruppe, die in Heft 4 des Jahres veröffentlicht werden.

    Mai: Der Prozess gegen die Kerngruppe der RAF (Baader, Meinhof, Ensslin und Raspe) beginnt vor dem Oberlandesgericht Stuttgart in einem festungsartig gesicherten Gebäude. Vorgeworfen werden ihnen unter anderem 5 Morde, 54 Mordversuche, Sprengstoffanschläge und Bankdiebstähle.

  • 1976

    4. Mai: Ensslin verliest eine mit den anderen Angeklagten abgestimmte Erklärung, in der sie unter anderem für die Sprengstoffanschläge in Frankfurt/Main und Heidelberg die Verantwortung übernehmen.

  • 1977

    28. April: Verurteilung zu lebenslanger Haft wegen vierfachen Mordes und vielfachen Mordversuchen.

    5. September: Mitglieder der RAF entführen den Präsidenten der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände Hanns Martin Schleyer (1915-1977). Für seine Freilassung fordern sie die Entlassung von elf in der Bundesrepublik inhaftierten RAF-Mitgliedern, unter ihnen auch Ensslin, Baader und Raspe. Sie sollen je 100.000 DM erhalten und ausgeflogen werden.

    13. Oktober: Vier arabische Terroristen entführen die Lufthansa-Maschine "Landshut", die sich mit fünf Besatzungsmitgliedern und 82 Passagieren auf dem Flug von Mallorca nach Frankfurt/Main befindet. Sie forderen, ebenso wie die Schleyer-Entführer, die Freilassung der elf RAF-Häftlinge.

    18. Oktober: Auf dem Flughafen der somalischen Hauptstadt Mogadischu befreit die Bundesgrenzschutz-Sondereinheit "GSG 9" die Geiseln aus der "Landshut".

    Wenige Stunden nach der Befreiungsaktion werden Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan Carl Raspe in ihren Zellen in Stuttgart Stammheim tot aufgefunden. Die Ermittlungen ergeben, dass sich Baader und Raspe mit Pistolen, die sie versteckt gehalten hatten, selbst erschossen haben und dass Gudrun Ensslin sich mit einem Lautsprecherkabel am Fenstergitter erhängt hat.

    Am 19. Oktober wird Hanns Martin Schleyer tot im Kofferraum eines Autos aufgefunden.

 

(iz/reh) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 22.02.2016
Text: CC BY NC SA 4.0

Empfohlene Zitierweise:
Haunhorst, Regina/Zündorf, Irmgard: Biografie Gudrun Ensslin, in: LeMO-Biografien, Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/biografie/gudrun-ensslin.html
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