Marion Gräfin Dönhoff 1909 - 2002

Marion Gräfin Dönhoff ist eine deutsche Journalistin, Autorin und Herausgeberin der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“. Die aus einem ostpreußischen Adelsgeschlecht stammende Gräfin ist zur Zeit des Nationalsozialismus in deutschen Widerstandskreisen aktiv. Nach dem Krieg wird sie zu einer der bedeutendsten deutschen Journalistinnen. Trotz persönlicher Verluste setzt sie sich für eine versöhnende Haltung in der Ost-Politik ein.

  • 1909

    2. Dezember: Marion Hedda Ilse Gräfin Dönhoff wird auf dem Familiensitz Schloss Friedrichstein in Ostpreußen geboren.

    Ihr Vater, August Karl Graf Dönhoff, ist ein Mitglied des Preußischen Herrenhauses und Reichstagsabgeordneter, ihre Mutter Ria von Lepel eine Palastdame der Kaiserin Auguste Viktoria.

    Marion Gräfin Dönhoff wächst als jüngstes von sieben Kindern in einer halb-feudalen Gesellschaft auf.

  • ab 1932

    Volkswirtschaftsstudium in Frankfurt/Main. Die Wahl des Studienfachs erwächst aus den Erfahrungen der Wirtschaftskrise während der 1920er Jahre: "...ich wollte einfach mehr begreifen von den Zusammenhängen, auch für Friedrichstein."

  • 1933

    Nach der Machtergreifung zeigt Marion Gräfin Dönhoff öffentlich ihre Ablehnung des NS-Regimes. Sie versucht die Hakenkreuzfahne vom Dach der Universität zu entfernen und reißt Plakate, die Dozenten als Juden und Linke anprangern, von den Wänden. Sie verteilt Flugblätter gegen die Nationalsozialisten und wird wegen ihrer Sympathien für die Linken als die "rote Gräfin" bekannt.

    Um einer Verfolgung zu entgehen, wechselt sie nach Basel.

  • 1935

    Promotion über die Entstehung und Verwaltung des Dönhoffschen Familienbesitzes.

  • ab 1935

    Gräfin Dönhoff entzieht sich durch längere Reisen, u.a. nach Afrika, dem nationalsozialistischen Deutschland.

  • 1937

    Rückkehr nach Ostpreußen und Einarbeitung in die Verwaltung der Familiengüter.

  • 1939

    Bei Kriegsbeginn wird ihr ältester Bruder Heinrich eingezogen. Marion Gräfin Dönhoff übernimmt allein die Gutsverwaltung.

  • 1940-45

    Marion Gräfin Dönhoff führt das Doppelleben einer regimetreuen Gräfin und Widerstandskämpferin. Sie beteiligt sich am Widerstand unter Helmuth James Graf von Moltke, Peter Graf Yorck von Wartenburg und Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Sie leitet Mitteilungen an ausländische Diplomaten in der Schweiz weiter, hält die Verbindung zwischen den Mitgliedern des Widerstandes und knüpft Kontakte zu weiteren Sympathisanten.

  • 1944
    20. Juli: Graf Stauffenbergs Attentat auf Hitler scheitert. Rund 200 Menschen werden hingerichtet, darunter fast alle Beteiligten des 20. Juli. Im Zuge zahlloser Verhaftungen gerät auch Marion Gräfin Dönhoff unter Verdacht. Die Gestapo lässt sie aber nach einem Verhör wieder frei.
  • 1945

    24. Januar: Beim Einmarsch der sowjetischen Streitkräfte muss Marion Gräfin Dönhoff die Güter in Ostpreußen verlassen und in den Westen fliehen. Schloss Friedrichstein wird vollständig zerstört.

    In zwei Memoranden an die britischen Besatzungskräfte will sie über die Hintergründe des Nationalsozialismus aufklären. Sie finden bei den Briten keine Beachtung.

    Oktober: Marion Dönhoff reist nach Nürnberg, um den Nürnberger Prozessen beizuwohnen.

    Sie kritisiert das einseitige Deutschlandbild der Alliierten, das die Existenz eines deutschen Widerstands leugnet.

  • ab 1946

    Die Redaktion der Hamburger Wochenzeitung DIE ZEIT wird auf die Verfasserin der zwei Memoranden aufmerksam. Marion Gräfin Dönhoff wird als freie Mitarbeiterin aufgenommen. Sie wird für ihre kritischen Artikel bekannt. Überwiegend basieren sie auf ihren Erfahrungen im Widerstand, dem Verlust der Heimat und dem Wunsch nach Frieden und internationaler Zusammenarbeit.

  • 1955

    Gräfin Dönhoff wird Ressortleiterin für Politik und stellvertretende Chefredakteurin der ZEIT.

    Als scharfe Kritikerin Konrad Adenauers tritt sie für eine versöhnende Ost-Politik und die deutsche Wiedervereinigung ein.

  • 1961

    13. August: Beginn des Berliner Mauerbaus. Marion Gräfin Dönhoff gelingt es, die Grenze nach Ost-Berlin zu übertreten und verfasst einen Kommentar über die Vorgänge: "Wir sind dem Abgrund ein gut Stück näher gerückt".

  • 1962

    Das Buch "Namen, die keiner mehr kennt: Ostpreußen, Menschen und Geschichte" erscheint. In dem Bestseller berichtet sie von ihrer Flucht im Jahr 1945.

  • 1964

    Marion Gräfin Dönhoff setzt ihr Engagement für eine aktive deutsche Ostpolitik fort und beteiligt sich an der Publikation "Reise in ein fernes Land - Wirtschaft und Politik in der DDR".

  • 1968

    Marion Gräfin Dönhoff wird Chefredakteurin der ZEIT.

  • 1970

    Dezember: In Anerkennung ihres Einsatzes zur Versöhnung zwischen Ost und West lädt Bundeskanzler Willy Brandt Marion Gräfin Dönhoff ein, ihn zur Unterzeichnung des Warschauer Vertrags zu begleiten. Vor dem Hintergrund der persönlichen Verluste in Ostpreußen sagt sie mit großem Bedauern ab. Brandt bringt ihrem Entschluss tiefen Respekt entgegen.

  • 1971

    Für ihr Engagement für Frieden und Versöhnung mit den osteuropäischen Ländern wird Marion Gräfin Dönhoff der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen.

  • 1972

    Marion Gräfin Dönhoff wird Herausgeberin der ZEIT. Auch weiterhin veröffentlicht sie Artikel, widmet sich nun aber stärker eigenen Publikationen.

  • 1976

    In dem Buch "Menschen, die wissen, worum es geht" legt sie am Beispiel von 17 Persönlichkeiten die politischen Auswirkungen auf das Leben der Menschen zwischen den Jahren 1916 und 1976 dar.

  • 1983

    Gräfin Dönhoffs Kommentare zu 40 Jahren amerikanischer Außen- und Innenpolitik erscheinen unter dem Titel "Amerikanische Wechselbäder".

  • 1985

    Eine weitere Sammelpublikation auf Basis ihrer ZEIT-Artikel erscheint unter dem Titel "Weit ist der Weg nach Osten".

  • 1987

    In dem Buch "Preußen - Maß und Maßlosigkeit" lässt sie neben historischen Beobachtungen auch persönliche Erfahrungen einfließen.

  • 1988

    "Kindheit in Ostpreußen" ist eine autobiographische Schrift, in der sie ihre Kindheit und Jugend schildert.

    Marion Gräfin Dönhoff wird der Heinrich-Heine-Preis der Stadt Düsseldorf verliehen. In ihrer Dankesrede kritisiert sie das gegenseitige Töten in den besetzten israelischen Gebieten und ruft damit heftige Kritik beim Zentralrat der Juden in Deutschland hervor, der ihr einen "Mangel an Sensibilität" vorwirft.

  • 1991

    Marion Gräfin Dönhoff befasst sich in "Polen und Deutsche" mit dem schwierigen Verhältnis zwischen den beiden Ländern.

  • 1992

    Das von Marion Gräfin Dönhoff gestiftete neue Kant-Denkmal wird in Kaliningrad, dem ehemaligen Königsberg, enthüllt.

  • 1994

    "Um der Ehre willen" wird veröffentlicht: Vor dem Hintergrund ihrer persönlichen Erlebnisse und Beziehungen zu den Attentätern vom 20. Juli zeichnet sie die geschichtlichen Abläufe bis zum gescheiterten Attentat nach.

  • 1996
    Alice Schwarzer veröffentlicht eine Biografie über das Leben Marion Gräfin Dönhoffs: "Marion Dönhoff - Ein widerständiges Leben".
  • 1999

    Gräfin Dönhoff erhält den Bruno-Kreisky-Preis. Hannes Swoboda, Leiter der SPÖ-Delegation im Europäischen Parlament, hebt bei der Verleihung ihre prägende Rolle in der 50-jährigen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hervor.

  • 2002

    Marion Gräfin Dönhoff verstirbt am 11. März im Alter von 92 Jahren.

 

(br/nc) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 25.05.2016
Text: CC BY NC SA 4.0

Empfohlene Zitierweise:
Chmura, Nadine/Radau, Birte: Biografie Marion Gräfin Dönhoff, in: LeMO-Biografien, Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/biografie/marion-graefin-doenhoff.html
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