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Willi Maslankowski: Brücke von Remagen und deutsche Kriegsgefangene

Dieser Beitrag wurde von Willi Maslankowski (*1936) im Jahr 2013 in Königswinter verfasst.

Völlig vergessen habe ich, in dem veröffentlichten Bericht über die Truppenbewegung der amerikanischen Armee durch unsere Siegwiesen zu berichten. Ursache dafür war die von den deutschen Truppen nicht zerstörte Rheinbrücke bei Remagen. Das ermöglichte den Amerikanern einen sehr schnellen Vormarsch nach Osten, bei dem sie die Sieg überqueren mussten. Eine dafür in kürzester Zeit erbaute schwimmende Pontonbrücke leitete die enorm große Anzahl von Lastkraftwagen und Panzern tage- und nächtelang über die Siegwiesen und das Gelände unseres Sägewerkes, bis sie zuletzt durch den Torbogen des Hauses rollen mussten, in dem wir [in Siegburg] wohnten. Diese einzige Öffnung in der langen Häuserreihe war aber für viele der amerikanischen Fahrzeuge, vor allem die schweren Panzer, zu klein. Deshalb wurde der Torbogen kurzerhand vergrößert. Mehr Höhe erbrachte das Tieferlegen des Weges, mehr Breite ergab der Abriss unserer Wohnzimmerwand zum Torbogen. Die Benutzung des Wohnzimmers war für uns viele Monate lang nicht möglich. Das erbrachte uns aber einen nie erhofften "Segen". Die durchfahrenden amerikanischen Soldaten warfen nämlich für uns allerlei Brauchbares in das offene Wohnzimmer. Mein Vater interessierte sich vor allem für die oft nicht leeren Zigarettenschachteln, ich mich für den noch ungenutzten Kaugummi. Die weniger guten Erinnerungen aus dieser Zeit führen zu dem Rücktransport sehr vieler amerikanischer Fahrzeuge mit deutschen Kriegsgefangenen, vor allem in das Lager bei Remagen. Einer der Gefangenen wurde später in Bonn in der Berufsbauschule mein Lehrer in Geschichte, der früh an Tuberkulose verstarb. Wenn er uns im Unterricht über sein Kriegsschicksal erzählte, dann kam nicht nur ihm das Wasser in die Augen. Trotz des Hungers in dem Gefangenenlager hatten er und auch andere Lehrer ohne jegliches Hilfsmittel den Mitgefangenen Unterricht erteilt, um das Leben etwas erträglicher zu machen. Man kann sich vorstellen, wie sehr das auch uns zum Lernen motivierte, obwohl wir ohnehin schon motiviert waren.

Empfohlene Zitierweise:
Maslankowski, Willi: Brücke von Remagen und deutsche Kriegsgefangene, in: LeMO-Zeitzeugen, Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/zeitzeugen/willi-maslankowski-bruecke-von-remagen.html
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