• Schulderklärung vom 19. Oktober 1945 der Evangelischen Kirche in Deutschland: Bräunlich-weißes Faltblatt. Im Kopf: Verordnungs- / und Nachrichtenblatt / Amtliches Organ der evangelischen Kirche in Deutschland / Nummer 1 / Veröffentlicht unter der Zulassung Nr.Us-W-1006 der nachrichtenkontrolle der Militärregierung. / Die Stuttgarter Erklärung.

Stuttgarter Schuldbekenntnis

Text der Stuttgarter Schulderklärung, abgedruckt in der ersten Ausgabe des Verordnungs- und Nachrichtenblatt der Evangelischen Kirche in Deutschland vom Januar 1946. Mit der Stuttgarter Schulderklärung vom 19. Oktober 1945 gesteht die Evangelische Kirche in Deutschland ihr Versagen im "Dritten Reich" ein.

Die evangelischen Kirchen schließen sich Ende August 1945 zur Evangelischen Kirche in Deutschland zusammen. Mitte Oktober tritt der neu eingerichtete Rat der Evangelischen Kirche erstmals in Stuttgart zusammen und trifft sich auch mit anderen Kirchenvertretern unterschiedlicher christlicher Konfessionen.

Mit der am 19. Oktober 1945 beschlossenen Schulderklärung gesteht die evangelische Kirche ihre Mitschuld an den Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes ein. Dies ist für die Akzeptanz unter den Kirchen weltweit von großer Bedeutung.

Ort und Zeit:
Stuttgart, Januar 1946
Objektart:
Dokument
Ausmaß:
29,7 x 21 cm
Bildnachweis:
Stiftung Haus der Geschichte; EB-Nr. LEMO 8/033, Foto: Thünker/Schaarschmidt, Stiftung Haus der Geschichte
Urheber:
Verordnungs- und Nachrichtenblatt. Amtliches Organ der evangelischen Kirche in Deutschland

Dieses Objekt ist in der Dauerausstellung im Haus der Geschichte (Bonn) zu sehen.

Dieses Objekt ist eingebunden in folgende LeMO-Seiten:

Stuttgarter Schuldbekenntnis

Die Stuttgarter Erklärung

Der Rat der Evangel. Kirche in Deutschland begrüsst bei seiner Sitzung am 18./19. Okt. 1945 in Stuttgart Vertreter des Ökumenischen Rates der Kirchen:

Wir sind für diesen Besuch um so dankbarer, als wir uns mit unserem Volk nicht nur in einer grossen Gemeinschaft der Leiden wissen, sondern auch in einer Solidarität der Schuld. Mit grossem Schmerz sagen wir: Durch uns ist unendliches Leid über viele Völker und Länder gebracht worden. Was wir unseren Gemeinden oft bezeugt haben, das sprechen wir jetzt im Namen der ganzen Kirche aus: Wohl haben wir lange Jahre hindurch im Namen Jesu Christi gegen den Geist gekämpft, der im nationalsozialistischen Gewaltregiment seinen furchtbaren Ausdruck gefunden hat; aber wir klagen uns an, dass wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben.

Nun soll in unseren Kirchen ein neuer Anfang gemacht werden. Gegründet auf die Heilige Schrift, mit ganzem Ernst ausgerichtet auf den alleinigen Herrn der Kirche gehen sie daran, sich von glaubensfremden Einflüssen zu reinigen und sich selber zu ordnen. Wir hoffen zu dem Gott der Gnade und Barmherzigkeit, dass er unsere Kirchen als sein Werkzeug brauchen und ihnen Vollmacht geben wird, sein Wort zu verkündigen und seinem Willen Gehorsam zu schaffen bei uns selbst und bei unserem ganzen Volk.

Dass wir uns bei diesem neuen Anfang mit den anderen Kirchen der ökumenischen Gemeinschaft herzlich verbunden wissen dürfen, erfüllt uns mit tiefer Freude.

Wir hoffen zu Gott, dass durch den gemeinsamen Dienst der Kirchen, dem Geist der Gewalt und der Vergeltung, der heute von neuem mächtig werden will, in aller Welt gesteuert werde und der Geist des Friedens und der Liebe zur Herrschaft komme, in dem allein die gequälte Menschheit Genesung finden kann.

So bitten wir in einer Stunde, in der die ganze Welt einen neuen Anfang braucht: Veni creator spiritus!

Stuttgart, 18./19. Okt. 1945

gez.

D. [Theophil] Wurm

[Hans Christian] Asmussen DD:

D. [Hans] Meiser

Dr. [Hanns] Lilje

[Hugo] Hahn

[Heinrich] Held

Dr. [Gustav] Heinemann

[Rudolf] Smend D. Dr.

[Otto] Dibelius

[Martin] Niemöller

Lic. [Wilhelm] Niesel

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