Joschka Fischer ist ein deutscher Politiker, von 1998 bis 2005 Bundesaußenminister und Vizekanzler unter Gerhard Schröder. Fischer beteiligt sich als junger Mann in der Studentenbewegung und tritt 1982 in die Partei Die Grünen ein. Dort wird er bald tonangebendes Mitglied des realpolitischen Flügels. Als Außenminister unterstützt Fischer erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg Kampfeinsätze deutscher Soldaten (Kosovo, Afghanistan).
- 1948
12. April: Joseph (Joschka) Martin Fischer wird in Gerabronn/Baden-Württemberg als drittes Kind des Metzgers Joszef Fischer und seiner Frau Elisabeth geboren.
Die Eltern mussten als Ungarndeutsche 1946 Budapest verlassen.
- 1965
Die Familie zieht nach Fellbach bei Stuttgart um.
Kurz vor Abschluss des zehnten Schuljahres verlässt Fischer im März das Gymnasium.
Er beginnt eine Lehre als Fotograf, die er aber bald wieder abbricht.
- 1966
Reisen führen ihn nach England, Frankreich, Spanien, Italien, Griechenland über die Türkei bis nach Kuwait. Aufgrund der schweren Krankheit seiner Schwester reist Fischer zurück nach Deutschland und arbeitet vorübergehend als Spielwarenverkäufer.
November: Der Vater stirbt an einem Schlaganfall, seine Schwester an einer Nierenkrankheit.
- 1967
Fischer heiratet Edeltraud (Geburtsname: Fischer) in Gretna Green/Großbritannien. Zusammen mit ihr engagiert er sich in der Studentenbewegung. Das Ehepaar lebt zunächst in Fellbach.
- 1968-1975
Umzug nach Frankfurt/Main. Dort besucht Fischer Vorlesungen von Theodor W. Adorno, Jürgen Habermas sowie Oskar Negt (geb. 1934).
Er setzt sich eingehend mit den Schriften von Karl Marx (1818-1883), Mao Tse-tung und Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831) auseinander.
Fischer verdient sein Geld mit Gelegenheitsjobs.
Er freundet sich mit dem Studentenführer Daniel Cohn-Bendit (geb. 1945) an.
Als Mitglied der militanten Gruppe "Revolutionärer Kampf" (RK) beteiligt sich Fischer an Demonstrationen und Straßenschlachten. Nach einer Demonstration gegen den Vietnam-Krieg, bei der er die Bannmeile um das Neue Schloss in Stuttgart überschreitet, kommt es zu einer Anklage gegen ihn. Er wird zu zweimal drei Tagen Haft als Ordnungsstrafe verurteilt, die er in Stuttgart-Stammheim absitzen muss.
- 1971
Arbeit bei der Opel AG Rüsselsheim. Fischer ist Mitbegründer einer Betriebsgruppe und versucht über diese, die Arbeiter zu politisieren. Seine Aktivitäten führen bereits nach einem halben Jahr zu seiner fristlosen Entlassung.
- 1976-1981
Fischer arbeitet kurzzeitig bei den Vereinigten Deutschen Maschinenfabriken.
Anschließend macht er seinen Taxischein und arbeitet als Taxifahrer in Frankfurt/Main.
- 1977
Die Ereignisse im Zusammenhang mit der Entführung und Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer durch die Rote Armee Fraktion (RAF) leiten bei Fischer nach eigenen Angaben einen Erkenntnisprozess ein, den er als "Illusionsverlust" und "Illusionsabschleif" kennzeichnet. Fischer wendet sich daraufhin von den radikalen politischen Gruppierungen ab.
- 1982
Eintritt in die Partei Die Grünen.
- 1983-1985
Die Grünen erreichen bei den Bundestagswahlen 5,6 Prozent der Stimmen und ziehen damit erstmals in den Bundestag ein. Fischer wird über den dritten Listenplatz seiner Partei Mitglied des Bundestages, bis er 1985 durch Rotation wieder ausscheidet. Fischer ist Mitglied des Innenausschusses und Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Fraktion. Er zählt zu den tonangebenden Mitgliedern des "realpolitischen" Flügels der Grünen und macht sich als provokanter Redner im Bundestag einen Namen.
- 1984
Fischer heiratet nach der Scheidung von Edeltraud Fischer die Mathematikstudentin Inge, mit der er bereits zwei Kinder hat.
Veröffentlichung der Schrift "Von grüner Kraft und Herrlichkeit".
- 1985-1987
In Hessen wird eine rot-grüne Koalitionsregierung gebildet. Fischer wird hessischer Staatsminister für Umwelt und Energie und stellvertretendes Mitglied des Bundesrats. Damit ist er bundesweit das erste Kabinettsmitglied der Grünen.
Seine Vereidigung am 12. Dezember 1985 in Turnschuhen, Jeans und Sportsakko sorgt für Aufsehen.
Grundlegende politische Forderungen in der Umweltpolitik kann er nicht durchsetzen. So bleiben der Ausstieg aus der Kernenergie und ein Sofortprogramm in Sachen Müllentsorgung aus. Die Verlegung von Umweltgiften des Chemiekonzerns Hoechst auf die Sondermülldeponie Schönberg in der DDR während seiner Amtszeit zieht eine Verwaltungsklage der Stadt Lübeck und die erste Demonstration von Grünen gegen den eigenen Minister nach sich.
- 1986
Fischer setzt in der hessischen Landesregierung verschärfte Abwasserauflagen für Fabriken des Frankfurter Hoechst-Konzerns in Kraft, nach denen der Schadstoffgehalt künftig direkt bei der Produktionsanlage gemessen wird.
- 1987
8. Februar: Die Grünen beschließen aus der hessischen Regierungskoalition auszutreten, wenn die beabsichtigte Genehmigung des Hanauer Nuklearunternehmens Alkem nicht revidiert wird.
9. Februar: Der hessische Ministerpräsident Holger Börner (1931-2006) entlässt aufgrund des gestellten Ultimatums der Grünen Fischer aus seinem Amt.
5. April: Bei den vorgezogenen Neuwahlen in Hessen erreicht die christlich-liberale Koalition die Mehrheit und bildet die Regierung. Fischer wird Fraktionschef der Grünen im hessischen Landtag.
Dezember: Heirat mit der Journalistin Claudia Bohn.
Veröffentlichung der Schriften "Regieren geht über Studieren. Das politische Tagebuch des grünen Ex-Umweltministers" und "Der Ausstieg aus der Atomenergie ist machbar".
- 1989
Veröffentlichung der Schrift "Der Umbau der Industriegesellschaft".
- 1990
Nach dem Scheitern der Grünen (West) an der Fünfprozenthürde bei der Ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl am 2. Dezember fordert Fischer eine Strukturreform der Partei. Er setzt die Abschaffung der Rotation, die Wahl eines Parteivorsitzenden und Doppelmandate für einen kleinen Kreis von Landes- und Bundespolitikern durch.
- 1991
Bei den hessischen Landtagswahlen erreicht Bündnis 90/Die Grünen 8,8 Prozent der Stimmen. Es wird eine rot-grüne Regierungskoalition unter Ministerpräsident Hans Eichel (geb. 1941) gebildet. Fischer wird stellvertretender Ministerpräsident und Staatsminister für Umwelt, Energie und Bundesangelegenheiten.
Seinen ersten Erfolg erreicht Fischer mit der Einführung von Sondermüllabgaben.
Im Juni 1991 ordnet Fischer die Teil-Stillegung des Siemens-Brennelemente Werks in Hanau an und im Dezember stoppt er die Uranverarbeitung in Hanau. Dies hat eine bundesaufsichtsrechtliche Weisung von Bundesumweltminister Klaus Töpfer (geb. 1938) (CDU) zur Folge.
- 1992
Veröffentlichung des Buches "Die Linke nach dem Sozialismus".
- 1993
Nach einer Störfallserie bei der Frankfurter Hoechst AG fordern Fischer und Bundesumweltminister Töpfer neben einem umfangreichen Sicherheitsprogramm die Überprüfung der "Zuverlässigkeit der Betreiber".
- 1994
März: Ein Brand im Kernkraftwerk Biblis A löst eine Kontroverse zwischen Fischer und Töpfer über die Schuldfrage aus. Fischer fordert eine sofortige Stillegung des Reaktors.
6. Oktober: Fischer tritt von seinem Amt als hessischer Umweltminister zurück, um sich ganz in der Bundespolitik engagieren zu können. Fischer spekuliert öffentlich über die Möglichkeit einer "Ampelkoalition" zwischen SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen. Dabei stellt er die Bedingungen, dass die Atomenergie-Politik nicht fortgesetzt wird und keine "Militarisierung der Außenpolitik" durch Krisenreaktions-Streitkräfte stattfindet.
19. Oktober: Nach den Bundestagswahlen am 16. Oktober wählen Bündnis 90/Die Grünen Fischer und Kerstin Müller (geb. 1963) gleichberechtigt zu neuen Fraktionssprechern der Grünen.
Veröffentlichung der Schrift "Risiko Deutschland".
- 1995
Juli: Fischer legt ein innerhalb der Partei heftig umstrittenes Grundsatzpapier vor, in dem er sich für die militärische Sicherung der verbliebenen UN-Schutzzonen in Bosnien ausspricht.
September: In einem Strategiepapier fordert Fischer die Grünen auf, eine Diskussion über einen wirtschaftspolitischen Kurswechsel einzuleiten und sich der Frage nach einer "grünen Mittelstandspolitik" zu stellen.
November: Fischer fordert die "Interventionspflicht der UNO bei Völkermord" und entfacht damit einen neuen innerparteilichen Streit.
- 1996
Das Ehepaar Fischer gibt seine Trennung bekannt. Fischer überwindet nach eigenen Angaben seinen Trennungsschmerz mit asketischen neuen Lebensgewohnheiten und Langläufen.
April: Fischer schlägt für die nächsten Bundestagswahlen vor, dass SPD und Bündnisgrüne gemeinsam mit einem unabhängigen Kanzlerkandidaten der linken Mitte antreten sollen.
Fischer reist durch das ehemalige Jugoslawien, um sich ein Bild von der Situation vor Ort zu verschaffen.
13. Dezember: Fischer verkündet im Deutschen Bundestag, dass er persönlich für den SFOR-Einsatz der Bundeswehr in Bosnien ist. Seine Partei hat sich allerdings dagegen entschieden.
Veröffentlichung der Schrift "Die globale Revolution. Wohlstandsverlust und Solidarität".
- 1998
ab Juni: Fischer setzt sich in seinem Wahlkampf für die Westbindung als notwendige Konstante deutscher Außenpolitik und für die Osterweiterung der NATO sowie die Verlängerung des SFOR-Mandats der Bundeswehr in Bosnien ein.
27. Oktober: Nach den Bundestagswahlen wird Fischer als Vizekanzler und Außenminister im Kabinett der rot-grünen Koalition vereidigt.
28./29. Oktober: Fischer absolviert seinen Antrittsbesuch als Außenminister in Paris und reist anschließend nach Großbritannien und Polen.
3. November: Treffen mit der US-amerikanischen Außenministerin Madeleine Albright (geb. 1937) in den USA.
November: Fischer fordert die NATO auf, auf den Ersteinsatz von Atomwaffen zu verzichten und löst damit eine diplomatische Krise der rot-grünen Regierung aus. Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping erklärt dazu bei seinem Amtsantrittsbesuch in den USA, Fischer habe die NATO-Strategie "verengt aus Landessicht" betrachtet.
Veröffentlichung der Schrift "Für einen neuen Gesellschaftsvertrag. Eine politische Antwort auf die globale Revolution".
- 1999
Januar: Zu Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft erklärt Fischer die Verwirklichung der Finanz- und Agrarreform der EU, die sogenannte Agenda 2000, und die Lösung der Kosovo-Krise zu den vorrangigen Zielen der EU.
Februar: Fischer reist nach Israel und führt dort Gespräche mit dem israelischen Präsidenten Ezer Weizman (1924-2005) und mit Premierminister Benjamin Netanyahu (geb. 1949). Anschließend trifft er in Gaza-Stadt mit Palästinenserführer Yasir Arafat (1929-2004) zusammen.
März: Fischer kritisiert vor der UN-Menschenrechtskommission im Namen der Europäischen Union die Volksrepublik China wegen anhaltender Menschenrechtsverletzungen.
April: Fischer legt einen Friedensplan vor, der die Entsendung einer schlagkräftigen Streitmacht mit einem UN-Mandat nach einem Waffenstillstand im Kosovo vorsieht.
17. April: Fischer heiratet die Journalistin Nicola Leske.
Mai: Auf einem Sonderparteitag von Bündnis 90/Die Grünen in Bielefeld stellt sich die Mehrheit der Parteimitglieder hinter den Kurs von Fischer. Der Parteitag ist von heftigen Auseinandersetzungen gekennzeichnet. So wird Fischer von einem Farbbeutel getroffen, der einen Riss des Trommelfells verursacht.
10. Juni: Die G-8-Staaten verabschieden den Balkan-Stabilitätspakt, an dem Fischer federführend beteiligt war.
11. Juni: Der Deutsche Bundestag billigt den Einsatz von bis zu 8.500 Soldaten der Bundeswehr im Rahmen der Kosovo-Friedenstruppe.
Juli: Fischer trifft in Frankfurt/Main zu einem Gespräch über den Ausstieg aus der Kernenergie mit den Chefs der Energiekonzerne Veba, Viag, RWE und EnBW zusammen.
Anlässlich eines Staatsbesuches in der Türkei betont Fischer, dass er sich für die volle Mitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union einsetzten wird.
Mit seiner ersten Rede vor der UNO-Vollversammlung in New York wirbt er für die Weiterentwicklung des UN-Systems hinsichtlich Konfliktprävention und Stärkung der regionalen Sicherheitssysteme.
22. September: Fischer fordert bei seinem ersten Auftritt vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN) in New York, das Vetorecht der Mitglieder des Sicherheitsrates zu verändern und eine Begründungspflicht einzuführen.
7. Oktober: Der Deutsche Bundestag billigt den von Fischer geforderten Einsatz von Soldaten der Bundeswehr zur medizinischen Hilfe in Ost-Timor.
20. Oktober: Der Bundessicherheitsrat stimmt der Lieferung eines Leopard-II-Panzers an die Türkei zu. Obwohl der Sicherheitsrat geheim tagt, wird bekannt, dass Fischer und die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Heidemarie Wieczorek-Zeul (geb. 1942), gegen die Lieferung gestimmt haben.
November: Fischer nimmt am New York-Marathon teil und bewältigt die Strecke in 3 Stunden und 45 Minuten.
Dezember: Fischer legt die Leitlinien seiner auswärtigen Kulturpolitik im Kulturausschuss des Bundestags vor. Danach sollen die Wiedervereinigung, die Entstaatlichung vieler Lebensbereiche und die Globalisierung im Mittelpunkt stehen.
Veröffentlichung des Buches "Fit und schlank. Mein langer Lauf zu mir selbst". Darin beschreibt er unter anderem seine Gewichtsreduzierung von rund 35 Kilogramm 1996.
- 2000
Fischer äußert angesichts des Tschetschenien-Krieges, dass Russland nicht isoliert werden dürfe und es legitim sei, gegen Terror vorzugehen. Diese Stellungnahme stößt auf heftige Kritik, zumal Fischer 1995 als Bundestagsabgeordneter das "grausame Morden einer Supermacht gegen ein kleines Volk im Norden des Kaukasus" verurteilt hatte.
Veröffentlichung der Schrift: "Vom Staatenbund zur Föderation: Gedanken über die Finalität der europäischen Integration".
- 2001
September: Nach den Terror-Anschlägen in den USA sichert Fischer den Amerikanern deutschen Beistand im Kampf gegen den Terror zu.
Oktober: Auf einer Reise durch zahlreiche Länder des Nahen und Mittleren Ostens sondiert er Chancen einer internationalen Anti-Terror-Allianz. Innerparteilich wirbt er um Unterstützung für eine deutsche Beteiligung an Militärschlägen gegen Terrornetzwerke.
November: Auf dem Bundesparteitag von Bündnis 90/Die Grünen erhält Fischer eine Zweidrittel-Mehrheit für seine Anti-Terrorpolitik.
November/Dezember: Auf dem Petersberg bei Bonn tagtdie maßgeblich von Fischer initiierte erste Afghanistan-Konferenz, deren Ziel die Planung des Wiederaufbaus des Landes ist.
- 2002
Januar: Fischer kritisiert die Haftbedingungen der Taliban- und Al Qaida-Kämpfer auf dem US-Stützpunkt Guantánamo Bay/Kuba. Weiterhin äußert er Vorbehalte gegenüber einem möglichen militärischen Vorgehen der Amerikaner gegen den Irak. Im Kampf gegen den Terror sieht er keinen "Freibrief" für eine Invasion und einen gewaltsamen Regimewechsel im Irak. Fischer empfiehlt, über die UN-Resolutionen Druck auf Irak auszuüben.
Mai: Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Haifa/Israel und des Gottlieb-Duttweiler-Preises der Schweiz.
September: Bei der Bundestagswahl können Bündnis90/Die Grünen ihr Ergebnis um 1,9 Prozentpunkte auf 8,6 Prozent verbessern. Sie ermöglichen damit der Regierungskoalition einen knappen Sieg.
Oktober: Erneute Ernennung zum Bundesminister des Auswärtigen.
November: Reise nach Washington, wo er versucht, das angespannte deutsch-amerikanische Verhältnis zu entkrampfen.
Fischer wird für sein Engagement bei der Bekämpfung des Antisemitismus und seine Bemühungen um die deutsch-israelischen Beziehungen mit dem Heinz-Galinski-Preis der Jüdischen Gemeinde zu Berlin ausgezeichnet.
Dezember: In einem Interview mit der Zeitschrift "Der Spiegel" schließt Fischer ein deutsches Ja zu einem Militäreinsatz gegen den Irak bei einer Abstimmung im UN-Sicherheitsrat nicht aus.
Veröffentlichung des Buches "Die Weisheit der Mitte: Deutschland, Nationalstaat und europäische Integration".
- 2003
Januar: Der Parteirat von Bündnis 90/Die Grünen verabschiedet eine auch von Fischer unterstützte Anti-Kriegs-Resolution, in der u.a. die "inakzeptable" amerikanische Informationspolitik gegenüber den UN-Waffeninspektoren kritisiert wird.
Februar: Auf der Münchner Sicherheitskonferenz bringt Fischer einen mit Frankreich abgestimmten Vorschlag für einen UN-Blauhelmeinsatz im Irak vor, der auch von Russland unterstützt wird. Wie Belgien und Frankreich weigert sich Deutschland, dem Einsatz von Patriot-Abwehrraketen zum Schutz der Türkei im Falle eines Irak-Krieges zuzustimmen, was innerhalb der NATO zu erheblichen Konflikten führt. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld wirft Fischer und Kanzler Schröder vor, ihr Land mit dem "deutschen Sonderweg" in die politische Bedeutungslosigkeit zu manövrieren.
März: Auszeichnung mit der Buber-Rosenzweig-Medaille des Deutschen Koordinierungsrates der Deutschen Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit.
Scheidung von seiner vierten Ehefrau Nicola Leske.
- 2005
Februar: Beginn der sogenannten "Visa-Affäre". Fischer wird für die missbräuchliche Vergabe von Einreisevisa durch deutsche Botschaftsangehörige in Osteuropa verantwortlich gemacht.
25. April: Als verantwortlicher Minister sagt Fischer vor dem Visa-Untersuchungsausschuss aus: Im Rahmen einer liberaleren Ausländerpolitik hatte die rot-grüne Regierung im Jahr 2000 mit dem "Volmer-Erlass" Einreisen in die Bundesrepublik erleichtert. Fischer wird vorgeworfen, zu spät auf Missstände bei der Visa-Vergabe reagiert und damit indirekt Schleuserkriminalität gefördert zu haben. Allerdings hatte die rot-grüne Regierung den "Volmer-Erlass" nach Bekanntwerden der Missstände bereits im Jahr 2004 zurückgenommen. Fischer übernimmt die politische Verantwortung in der "Visa-Affäre", lehnt aber politische Konsequenzen ab.
10. Mai: Fischer erhält den Leo-Baeck-Preis des Zentralrates der Juden in Deutschland für seine Vermittlungsbemühungen im Nahost-Konflikt und sein Eintreten für die jüdische Gemeinschaft in Deutschland.
Juni: Unter dem Titel "Die Rückkehr der Geschichte: Die Welt nach dem 11. September und die Erneuerung des Westens" veröffentlicht Fischer eine Analyse der aktuellen weltpolitischen Lage.
7. September: Der Visa-Ausschuss beendet seine Arbeit ohne ein eindeutiges Ergebnis.
18. Oktober: Bei den vorgezogenen Bundestagswahlen erzielt die SPD unter Gerhard Schröder 34,2 Prozent, Bündnis 90/Die Grünen erreichen 8,1 Prozent. Die CDU geht mit 35,2 Prozent knapp als Siegerin aus der Wahl hervor und bildet auf Grund der schwierigen Mehrheitsverhältnisse eine Große Koalition mit der SPD. Fischers Amtszeit als Außenminister und Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland endet damit.
29. Oktober: Heirat mit der deutsch-iranischen Filmemacherin Minu Barati.
- 2006
20. Mai: Auszeichnung mit der Ehrendoktorwürde der Universität von Tel Aviv.
Bis zum Sommer zieht sich Fischer aus der Politik zurück und legt sein Bundestagmandat nieder.
Im Herbst übernimmt Fischer eine einjährige Gastprofessur für internationales Wirtschaftsrecht an der amerikanischen Princeton University.
- 2007
Gründung der Beraterfirma "Joschka Fischer Consulting".
Veröffentlichung des Erinnerungsbandes "Die rot-grünen Jahre . Deutsche Außenpolitik- von Kosovo bis zum 11.September."
Oktober: Mitbegründer der Denkfabrik "European Council on Foreign Relations", deren stellvertretender Vorsitzender er ist.
- 2008
September: Fischer wird Berater (Senior Strategic Counsel) der Albright Stonebridge Group, der Beraterfirma von Ex-US-Außenministerin Madeleine Albright.
- 2010
Als Heinrich-Heine-Gastprofessor hält Fischer Vorlesungen an der Universität Düsseldorf.
- 2014
Oktober: Veröffentlichung des Buches "Scheitert Europa?"
- 2016
Juni: Fischer wird mit der Medaille für besondere Verdienste um den Freistaat Bayern in Europa und der Welt ausgezeichnet.
- 2018
März: Veröffentlichung des Buches "Der Abstieg des Westens".
- 2020
März: Veröffentlichung des Buches "Willkommen im 21. Jahrhundert".
- 2022
März: Veröffentlichung des Buches "Zeitenbruch".
(nc/lb/mw) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 12.04.2023
Text: CC BY NC SA 4.0
Empfohlene Zitierweise:
Chmura, Nadine/Lepper-Binnewerg, Antoinette/Würz, Markus: Biografie Joschka Fischer, in: LeMO-Biografien, Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/biografie/joschka-fischer.html
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