Vergangene Ausstellung
23.11.2001 bis 07.04.2002

Prominente in der Werbung

Da weiß man was man hat

Schwimmstar Franziska van Almsick "taucht" mit dem Opel Tigra unter einem Stau hindurch, Verona Feldbusch kocht unermüdlich Iglo-Rahmspinat mit "Blubb" und Thomas Gottschalk beteuert seine Vorliebe für Haribo-Goldbären. Wie wird wer und aus welchem Grund als Prominenter in der Werbung eingesetzt? Das Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland möchte die Entwicklung der Produktwerbung mit bekannten Persönlichkeiten in einer Ausstellung herausarbeiten sowie deren Bezüge zur gesellschaftlichen und medialen Entwicklung aufzeigen.

"Noch nie war Promi-Werbung so wirksam", bilanziert im Mai 1999 die Gesellschaft für Kommunikationsforschung (GfK) in Nürnberg. Dem Beispiel der USA folgend, setzt die Produktwerbung in Deutschland in zunehmendem Maß auf bekannte Persönlichkeiten. Im Wettbewerb um gesättigte wie neue Märkte sollen Prominente - Sportler, Schauspieler, Sänger etc. - Aufmerksamkeit für ein Produkt wecken und es in der Erinnerung des Konsumenten verankern. Auch Politiker erscheinen - gefragt oder ungefragt, ernsthaft oder in ironischer Verkleidung - immer häufiger als prominente Werbeträger.

Die bekannten "Testimonials" bezeugen Güte und Qualität der Produkte. Im Erfolgsfall überträgt sich ihre Popularität und Glaubwürdigkeit auf das Produkt und fördert dessen Verkauf. Der nationale Rahmen bleibt dabei wichtig, ist jedoch längst nicht die einzige Bezugsgröße. Die Ausstellung behandelt die Werbung mit internationaler Prominenz in Deutschland ebenso wie Kampagnen mit deutschen Persönlichkeiten im Ausland.

Obwohl die Prominentenwerbung mit ihrem Hauptakzent in den 80er und 90er Jahren angesiedelt ist, ist sie doch keine Erfindung der jüngeren Gegenwart. Anzeigenwerbung mit zumeist adeligen Persönlichkeiten ist seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nachweisbar. In ihrer weiteren Entwicklung ist die Prominentenwerbung nicht zu trennen von der Geschichte der Medien und des Massenkonsums. Wie schon in den 20er Jahren treten nach 1945 vor allem Filmschauspieler als Sympathieträger und neue Konsumleitbilder auf Anzeigen und Plakaten in den Vordergrund. Nach Deckung des Grundbedarfs richten sich die Verbraucherwünsche in den 50er Jahren nicht länger auf "Entbehrtes, sondern auf Begehrtes".

Während die Werbebranche in der Bundesrepublik der Entwicklung in den
westlichen Industrienationen folgt, hat die DDR bis zu ihrem Ende Werbung mit Prominenten kaum gekannt. Generell fristet die Produktwerbung in der DDR schon aus politisch-ideologischen Gründen eher ein Schattendasein bzw. wird seit den 70er Jahren zunehmend auf Außenhandelswerbung eingeengt. Mit dem Siegeszug des Fernsehens kommen in der Bundesrepublik in den 70er und 80er Jahren verstärkt Sportler und TV-Prominente zum Einsatz, wobei der eigentliche Boom der TV-Werbung mit der Zulassung des Privatfernsehens Mitte der 80er Jahre einsetzt. Dabei findet auch eine Umwertung von Werbung statt. War Werbung im Zuge der Konsumkritik der 60er und 70er Jahren fast schon in Verruf geraten, stellt sich die Situation heute gänzlich anders dar: Berühmte Fotografen und Filmemacher setzen Prominente ins Bild. Sie arbeiten für Werbeagenturen, die um die beste Anzeige, das beste Plakat, den besten Spot, das beste Vermarktungskonzept wetteifern. Die Werbung etabliert sich als eine neue Kunstform.

Die Frage, wem Prominentenwerbung in erster Linie nutzt - dem Verkauf des
Produktes oder doch mehr dem Prominenten selbst - wird bis heute kontrovers diskutiert. Welcher Werbeerfolg ist durch den Bekanntheitsgrad und das Image einer prominenten Persönlichkeit zu erwarten? Wie wird Werbung mit Prominenten gemacht? Welcher Prominente passt zu welchem Produkt? Die wachsende Zahl werbender Prominenter, aber auch die hohen Kosten medienübergreifender Werbekampagnen führen zu einem verstärkten Bemühen, den Erfolg von Kampagnen im Vorhinein wissenschaftlich abzusichern.

Prominentenwerbung ist Bestandteil der visuellen Realität unserer Zeit. Die Ausstellung soll sie in ihren unterschiedlichen Facetten, ihrer künstlerischen Vielfalt erfassen, Bezüge zur historischen, gesellschaftlichen und medialen Entwicklung aufzeigen. Während Werbung in den 50er und 60er Jahren eher auf gesellschaftliche und soziale Entwicklungen reagiert, setzt die
"lifestyle-Werbung" der 90er Jahre selber Trends. In einer immer stärker durch
audiovisuelle Medien und ihre Einflüsse bestimmten Gesellschaft, prägt Werbung zunehmend die Lebenswirklichkeit. Zudem verschwinden die Grenzen zwischen Öffentlichkeit und Privatsphäre. In der steigenden Bedeutung prominenter Werbeträger kommt dies einerseits zum Ausdruck, andererseits wird dieser Trend von ihnen selbst befördert und nicht selten auch erlitten.