Foto Leonard Freed
Vergangene Ausstellung

23.09.2005 bis 21.05.2006

Leonard Freed

Ein Amerikaner in Deutschland

Berlin, Checkpoint Charlie: Ein amerikanischer Soldat hockt auf dem Bordstein und macht Mittagspause. Sein Gewehr liegt scheinbar achtlos neben ihm. Tegernsee: Ein altes Ehrpaar besucht seinen Sohn. Der Grabstein auf dem Soldatenfriedhof zeigt dessen Bildnis. Travemünde: Ein Kriegsversehrter sonnt sich im Standkorb.
Impressionen aus Deutschland von Leonard Freed, fotografiert im Stil der "klassischen" Schwarz-Weiß-Reportage, zeigt das Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland jetzt in der U-Bahn-Galerie. Vom 23. September 2005 bis 21. Mai 2006 sind rund 60 seiner Arbeiten zu sehen.


Leonard Freed, 1929 in New York geboren, reist 1961 erstmals nach Deutschland. Hin- und hergerissen zwischen Neugier und Distanz beobachtet er Menschen in ihrem sozialen Umfeld. Über seinen Arbeitsstil sagt er: "Je zweideutiger eine Fotografie ist, desto besser ist sie. Sonst wäre sie Propaganda."

An Deutschland fasziniert ihn das Nebeneinander von Tradition und Moderne, Fortschritt und Beharrung. Er fotografiert Menschen auf Volksfesten, bei der Arbeit im Betrieb, vor Industriekulissen im Ruhrgebiet, bei den Ostermärschen. Die Atmosphäre der Aufbaujahre, auch Not und Rückständigkeit fängt er mit seiner Kamera ein.

Für Freed ist Deutschland ein Land, das trotz Wiederaufbau und Fortschrittsoptimismus an den Folgen von Krieg und NS-Herrschaft leidet. Bezeichnend sind seine Aufnahmen von Kriegsversehrten inmitten einer fröhlich-unbeschwerten Freizeitgesellschaft. Diese Fotos, entstanden 1965, publiziert Freed 1970 in den USA unter dem Titel "Made in Germany". 

Mitte der 1980er Jahre ist der Amerikaner erneut in Deutschland. In Berlin beobachtet er den Alltag türkischer Einwanderer zwischen Anpassung, Abgrenzung und Isolation. 1990 ist Freed Zeuge der deutschen Einheit und der Veränderungen in der alten und neuen Hauptstadt.

Seit seinem ersten Deutschlandbesuch widmet der Fotograf, der in einem streng jüdisch-orthodoxen Elternhaus aufwuchs, den jüdischen Gemeinden besondere Aufmerksamkeit. Die Trauer um die Ermordeten ist allgegenwärtig. Doch daneben keimt neue Hoffnung: eine Hochzeit, Kinder, die Grundsteinlegung für den Neubau einer Synagoge. "Deutsche Juden heute" erscheint 1965 unter maßgeblicher Mitwirkung des einflussreichen Grafikers Willy Fleckhaus. 

Freeds Arbeiten finden internationale Wertschätzung. Seit 1972 ist er Mitglied der renommierten Fotoagentur Magnum/Paris, in Deutschland vertreten durch die Agentur Focus. In zahlreichen deutschen und internationalen Blättern erscheinen seine Aufnahmen, Galerien und Museen zeigen seine Arbeiten.