Miteinander machen sich Menschen auf, ihre Geschichte zu erkunden. Ohne einander zu kennen, tun sie dies an verschiedensten Orten. Ohne überhaupt vom gemeinsamen Interesse zu ahnen, nehmen sie sich Zeit, mehr herauszufinden über die Wurzeln ihres Daseins, ihrer Umgebung, ihrer engeren und weiteren Heimat. So geschieht es vielfach immer wieder und erinnert an die in den 70er Jahren aus Schweden zu uns gekommene "Grabe, wo du stehst"-Bewegung. Mit oder ohne das Rüstzeug der Geschichtswissenschaft und zugleich immer bereit, neue Methoden zu erproben, ja ihnen den Weg zu bahnen. "Oral history", die Befragungen von Zeitzeugen, verdankt dieser Bewegung eine sprunghaft gewachsene Anerkennung.
Zusammen sind es bis heute sechzehn Orte unterschiedlichster Geschichte und Größe, alte und junge, solche in denen Weltgeschichte geschrieben wurde, andere mit auf den ersten Blick marginaler Bedeutung, welche die Robert Bosch Stiftung in ihrem Förderprogramm "Orte deutscher Geschichte in den neuen Bundeslndern" seit 1994 aufgenommen hat. Sie folgt dabei einem von einer gemischt ost- und westdeutschen Expertengruppe ausgearbeiteten Konzept, das exemplarisch Orte und Themen vorschlug. Das Spektrum reicht von Kirche, Adel, Bürgertum über Reformation, Dreißigjhrigen Krieg, Revolution 1848/49 bis zu Industriegeschichte, Holocaust, Krieg und grenzüberschreitender Versöhnung.
Daß aus einer so verzweigten Vielfalt an Projektthemen ein einziges Ausstellungsthema werden konnte, das die reichen Ertrge der Arbeit zusammenführt, ist nur auf dem Hintergrund der deutschen Geschichte in der zweiten Hlfte des 20. Jahrhunderts möglich, dessen zentrales Problem es zugleich beleuchtet: die Teilung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg und die Vereinigung nach dem Fall der Mauer. Mit der Teilung der Nation gingen in beiden Teilen Deutschlands Geschichtstraditionen verloren, die vorher selbstverstndlich waren.
Andere Probleme rückten in den Vordergrund, manchmal war es Desinteresse, dann neue Schwerpunktsetzungen, auch marxistische Neuinterpretation von Geschichte. Mit der Spaltung Deutschlands wurde auch manches in unserem Geschichtsbewußtsein abgespalten, seit der Vereinigung können wir uns bemühen zusammenzufügen, was - historisch - zusammengehört. "Geteilt - Vereint - Gefunden" ist das beste Beispiel, wie reich unsere deutsche Geschichte ist, wenn sie - wieder oder neu - zusammengefügt und vervollstndigt wird. Unser geschichtliches Erbe ist vielfltig - gefunden wurde viel.
Der Robert Bosch Stiftung gebührt großer Dank für die Einrichtung des Programms, die Unterstützung der Projektgruppen und für die Zusammenführung der Ergebnisse von derzeit vierzehn abgeschlossenen Projektorten in einer gemeinsamen Ausstellung. Die Projektgruppen lieferten durch engagierte Arbeit der Menschen vor Ort die Grundlagen für die Realisierung auch in einer Ausstellung. Das Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland dankt den Projektgruppen vor allem für ihr nimmermüdes "Graben", der Robert Bosch Stiftung für das vertrauensvolle Angebot und die großzügige Bereitschaft, diese beispielgebende Ausstellung zuerst in unserem Hause zu prsentieren. Möge die Ausstellung noch an vielen Orten zur Nachahmung anregen.
Ein über vierzig Jahre geteiltes Geschichtsbild lässt sich nicht gleichsam über Nacht zusammenfügen. "Geteilt - Vereint - Gefunden" ist ein vorzügliches Beispiel dafür, wie wir - schrittweise - auf dem Weg zu gemeinsamen Geschichtsbildern vorangehen können und sollten.