22. Juni 1941, Hitler-Deutschland überfällt die Sowjetunion: Deutsche und sowjetische Soldaten stehen sich als Feinde gegenüber. Millionen Männer aus beiden Staaten sterben in Krieg und Gefangenschaft. Der rassenideologisch begründete Eroberungs- und Vernichtungskrieg der Nationalsozialisten gegen die sogenannten "jüdisch-bolschewistischen Untermenschen" wird für die Sowjetunion zum "Großem Vaterländischen Krieg". Unter größten Opfern siegt die stalinistische Sowjetunion über das nationalsozialistische Deutschland.
50 Jahre nach Kriegsende und 40 Jahre nach Heimkehr der letzten deutschen Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion erinnert das Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in einer Ausstellung an das Schicksal der deutschen und sowjetischen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkrieges. Die Beschäftigung mit diesem emotionalen und lange Zeit tabuisierten Thema soll helfen, zur internationalen Verständigung und Versöhnung beizutragen.
Aus der Perspektive deutscher und sowjetischer Kriegsgefangener wird die existentielle Grenzsituation in der Gefangenschaft anschaulich. Exakte Zahlen sind nur schwer zu nennen, doch die Dimension des Leidens läßt sich andeuten: Von mehr als drei Millionen Deutschen in sowjetischer Kriegsgefangenschaft haben über eine Million nicht überlebt. Mehr als drei Millionen sowjetischer Soldaten fanden in deutscher Kriegsgefangenschaft den Tod. In Deutschland weitgehend unbekannt, in der Sowjetunion jahrzehntelang verschwiegen:
Die "Heimkehr" von kriegsgefangenen Rotarmisten, die Stalin pauschal als Verräter und Feiglinge abgestempelt hatte, mündete häufig in Diskriminierung und neuer Lagerhaft.
Die Ausstellung gliedert sich in vier Themenbereiche : Gefangenschaft, Lager, Heimkehr, Verarbeitung der Kriegsgefangenschaft. Objekte - Gegenstände, Fotos, Dokumente und Medien - zeigen und erläutern diese Themen, sollen zur vertiefenden Beschäftigung mit ihnen und zur Diskussion anregen. Interviews mit ehemaligen deutschen und sowjetischen Kriegsgefangenen, aktuell aufgezeichnet, gliedern die Ausstellung auch biographisch. Ein Gespräch zwischen ehemaligen deutschen und russischen Kriegsgefangenen steht am Ende. Nicht nur Rückblick und Erzählung, Erinnerung und Verarbeitung, sondern auch Versöhnung und Zukunft bewegt die Gesprächspartner 1995 - 50 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges.
Nur der offene Umgang mit dieser schmerzlichen Phase deutsch-sowjetischer Geschichte kann zu einem Dialog über die Probleme der Gegenwart beitragen.
An der Verwirklichung dieser Ausstellung beteiligten sich Historiker, Museen, Archive und private Leihgeber aus Russland und Deutschland. Ein Begleitband mit Beiträgen russischer, deutscher und österreichischer Autoren lag zur Eröffnung vor.