Das Erstarken von Rechtspopulismus und Rechtsextremismus ist eine Herausforderung für die Demokratien Europas. Politik und Öffentlichkeit debattieren in der Bundesrepublik ab den frühen 2000er Jahren über ein Verbot der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). In den europäischen Parlamenten sitzen zunehmend auch rechtsextreme und rechtspopulistische Abgeordnete. Ab 2013 verändert die Alternative für Deutschland (AfD) als neue Partei die politische Landschaft in der Bundesrepublik.
Debatten um NPD-Verbot
Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat stellen 2001 beim Bundesverfassungsgericht den Antrag, die rechtsextreme Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) zu verbieten, da sie die demokratisch-freiheitliche Grundordnung gefährde. Das Verfahren scheitert jedoch 2003, weil Vertrauensleute des Verfassungsschutzes wichtige NPD-Ämter innehaben. Dies steht einem rechtsstaatlichen Verfahren entgegen. Lediglich der Bundesrat stellt 2014 erneut Antrag auf ein Verbot der NPD, die von 2004 bis 2014 in Sachsen und von 2006 bis 2016 in Mecklenburg-Vorpommern im Landtag vertreten ist. 2017 entscheidet das Bundesverfassungsgericht, die Partei sei zwar verfassungsfeindlich, aber zu bedeutungslos, um die Demokratie ernsthaft zu gefährden.
Europaweite Zusammenarbeit
Rechtsextreme und rechtspopulistische Parteien in Europa arbeiten in den frühen 2000er Jahren vermehrt über Ländergrenzen hinweg zusammen, besuchen gegenseitig Konzerte oder Aufmärsche und tauschen über das Internet Propaganda aus. Bewusst setzen sie auf populäre Themen wie Kritik an Globalisierung und europäischer Integration, um Anhänger zu gewinnen. Ab den 2010er Jahren richten sich rechtspopulistische Positionen vermehrt gegen Migration, Lebensentwürfe, die vom traditionellen Familienbild abweichen, oder Maßnahmen zum Klimaschutz. Auch in den USA und in anderen Ländern gewinnen Rechtspopulisten an Bedeutung. Eine zentrale Gemeinsamkeit ist das Misstrauen gegenüber etablierten Politikern und Institutionen, die als Teil des Establishments gesehen werden. Im Gegensatz dazu verstehen sich rechtspopulistische Parteien als die „wahren Vertreter ihres Volkes“.
Alternative für Deutschland
In der Bundesrepublik betritt 2013 mit der Alternative für Deutschland (AfD) eine neue Partei die politische Bühne. Kurz nach der europäischen Schuldenkrise vertritt sie zunächst eurokritische und konservative Positionen. Bei der Europawahl 2014 erreicht sie ein Ergebnis von 7 Prozent. Zunehmend gewinnen innerhalb der Partei aber vor allem migrationskritische Stimmen an Bedeutung. Die AfD schafft es in den folgenden Jahren, in fast alle Landesparlamente einzuziehen. Im Jahr 2017 wird sie auch in den Bundestag gewählt. Seit 2021 stuft der Bundesverfassungsschutz die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall ein. Mehrere Landesverbände gelten als „gesichert rechtsextremistisch“. In Thüringen wird sie 2024 mit 32,8 Prozent der Stimmen erstmals stärkste Kraft bei einer Landtagswahl.
Rechtsterrorismus
Als 2011 mit der Enttarnung der terroristischen Vereinigung „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) die größte rechtsextreme Mordserie der Bundesrepublik bekannt wird, ist die Öffentlichkeit erschüttert. Die Mitglieder des NSU ermorden seit 2000 neun Kleinunternehmer mit Migrationshintergrund und eine Polizistin. Zahlreiche Ermittlungsfehler von Polizei und Verfassungsschutz werden offenbar. Sie hatten einen rassistischen Hintergrund der Taten ausgeschlossen. Am 6. Mai 2013 beginnt in München ein Prozess gegen das überlebende NSU-Mitglied Beate Zschäpe und mehrere mutmaßliche Unterstützer. Nach über fünf Jahren wird Zschäpe 2018 zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Bis heute ist unklar, wie viele Personen tatsächlich von der rechtsextremen Terrorgruppe wussten und ihr halfen.
In den folgenden Jahren begehen mehrere rechtsextreme Einzeltäter weitere schwere Anschläge: So versucht im Oktober 2019 ein Mann in Halle, am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, in eine Synagoge einzudringen und dort die Mitglieder der jüdischen Gemeinde zu töten. Er scheitert und bringt auf offener Straße sowie in einem Dönerimbiss wahllos zwei Menschen um. Die Tat streamt er mithilfe einer Helmkamera ins Netz. Ein halbes Jahr später tötet ein anderer Mann in Hanau in einer Nacht erst neun Menschen mit Migrationsbiografie und dann seine Mutter und sich selbst. Ermittlungen ergeben, dass das Internet bei der Radikalisierung beider Täter eine große Rolle spielte.
(mw) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 24.02.2025
Text: CC BY NC SA 4.0
Empfohlene Zitierweise:
von Wangenheim, Leonie; Würz, Markus: Rechtspopulismus in Europa, in: Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/kapitel/globalisierung/internationale-herausforderungen/rechtspopulismus-und-rechtsextremismus.html
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