Im Mai 1971 tritt Walter Ulbricht "aus Altersgründen" zurück. Das Zentralkomitee (ZK) der SED bestimmt Erich Honecker zum Nachfolger und als erster Sekretär. Dieser Führungswechsel kommt auf Druck der Sowjetunion zustande. Weil er sowohl die Entspannungspolitik behindert, als auch die Eigenständigkeit des Sozialismus in der DDR betont hatte, war Ulbricht für den Kreml unbequem geworden. Ulbricht bleibt zwar noch bis zu seinem Tod am 1. August 1973 Staatsratsvorsitzender. Seine Theorien werden jedoch verworfen, und aus ideologischen Standardwerken wird sein Name gestrichen. Der Wechsel von Ulbricht zu Honecker bildet einen tiefen Einschnitt in der Geschichte der DDR.
Erich Honecker tritt bereits 1929 mit 17 Jahren der KPD bei. Während des "Dritten Reiches" 10 Jahre lang inhaftiert, wird er 1946 Vorsitzender der FDJ. Als Mitglied des Politbüros der SED seit 1958 organisiert Honecker 1961 den Bau der Berliner Mauer. 1971 wird er dann zum Ersten Sekretär des ZK der SED und Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates gewählt. Nachdem Honecker 1976 auch den Vorsitz des Staatsrates übernommen hat, ist er - genau wie seinerzeit Ulbricht - der erste Mann in Staat und Partei der DDR.
Unter Honecker, von dem der Westen einen pragmatischeren Führungsstil erwartet, orientiert sich die SED wieder stärker an den Vorgaben aus Moskau. Den Menschen in der DDR verspricht Honecker eine spürbare Verbesserung des Lebensstandards. Die Mitwirkungsmöglichkeiten der Bevölkerung werden ausgebaut und das Politbüro der SED durch Neuernennungen verjüngt. Doch trotz größerer Reformfreudigkeit bleibt auch unter Honecker der absolute Führungsanspruch der SED unangetastet. Die Zentralisierung der Entscheidungen nimmt sogar noch zu.
(ag) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 05.05.2003
Text: CC BY NC SA 4.0
Empfohlene Zitierweise:
Grau, Andreas: Machtwechsel, in: Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/kapitel/geteiltes-deutschland-modernisierung/reformversuche-im-osten/machtwechsel.html
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